Schuldig
Je nachdem wie wir aufgewachsen sind, haben wir die Tendenz uns voreilig schuldig zu fühlen oder nicht schuldig zu fühlen. Es gibt Leute - und ich gehöre auch zu diesen - die bei jedem Problem, bei jeder sich anbahnenden Krise als ersten Reflex ihr eigenes Handeln in Frage stellen und sofort die Ursache zuerst bei sich suchen. Das geht mit diffusen Schuldgefühlen einher, oder sogar einem körperlichen Schockimpuls, was sehr unangenehm und schwächend ist.
Es gibt auch andere Menschen, die reagieren umgekehrt: Bei jeder Problemsituation wird sofort ein Schuldiger gefunden und angeklagt. Ursache können zwei unterschiedliche Vergangenheiten sein: Man wurde als Kind oft bestraft und fürchtet sich so vor Schuldigkeit, dass man es nicht aushält. Oder aber man hat ein überhöhtes Selbstwertgefühl andern gegenüber und kann es sich leisten, einen Sündenbock zu halten.
Wenn wir uns erst mal bewusst sind, zu welcher Sorte Menschen wir gehören, können wir den Reflex durchschauen und eine andere Sicht einüben. Unser Herz muss lernen, dass es zurücklehnen darf und abwarten, dass es Raum, Zeit und Gnade gibt, Dinge zu klären und Lösungen zu suchen. Es darf eine Gelassenheit einkehren, in der auch Schwierigkeiten zumutbar sind - egal, wer sie verursacht. Die Welt geht nicht unter, wenn ich einmal für andere zum Problem werde. Das befreit doch so.