Sofort
Wir reagieren immer sofort – das ist das Wesen einer spontanen Reaktion. Sie ist unverfälscht und echt, nicht gekünstelt – eben Spontan. Natürlich kann man auch Verhaltensmuster einüben, die auch sehr spontan funktionieren und aber wenig mit dem inneren Mensch zu tun hat. Das lassen wir hier mal beiseite.
Da stösst dich einer weg, um eher ans Buffet zu kommen, dort fällt dir einer ins Wort oder einer stellt eine Frage und verlässt dich einfach während du antwortest. Da textet dich einer zu mit Belanglosigkeiten, dort macht sich einer Lustig über deine Kleidung oder besitzt immer das Bessere, das Schnellere, Grössere. Wie reagieren wir?
Die spontane Reaktion kann sehr verletzend sein. Unser Herz hat auch seine Abgründe. Vielleicht fühlt man sich schon lange nicht ernst genommen, übergangen, nicht wertgeschätzt. Vielleicht gibt es eine Geschichte mit dem Gegenüber, die nicht aufgearbeitet ist. Vielleicht sind wir auch einfach temperamentvoll und es kommt als Angriff zu stark rüber.
Es gibt Menschen, die sich dann entschieden haben, zu schweigen. Es ist zu gefährlich, heraus zu lassen, was da an Emotionen hochkommt. Man nimmt sich vielleicht vor, später die Sache anzusprechen – aber dann wird sie auch enorm aufgebauscht und übertrieben psychologisiert zum Thema gemacht. Dafür ist sie zu wenig wichtig. Also kommt sie am Ende nicht zur Sprache.
Es gibt auch Menschen, die haben sich angewöhnt, unverblümt alles direkt über die Lippen kommen zu lassen, was an Gedanken in ihr Hirn dringt. Diese Personen wollen wir nicht ganz ernst nehmen – andernfalls hätten wir ein echtes Problem. Sie wirken wie Kinder, irgendwie inkontinent. So möchten wir es auch nicht leben.
Aber der Moment hat etwas Freies, Unbelastetes. Was wir im Moment spiegeln, hat eine Leichtigkeit, weil noch keine Gedankengeschichte vorliegt. Der andere hat auch gar keine Zeit, innerlich Blockaden von Misstrauen, Angst und Selbstschutz aufzubauen. Und auch alte Geschichten haben weniger Einfluss. Der Moment hat etwas Jungfräuliches, etwas Unbeschwertes. Es ist der Schlüsselmoment, um ohne grossen Aufsehens dem andern sein Verhalten zu spiegeln.
Diesen Moment möchte ich nutzen – nicht um unkontrolliert meinen Frust abzubauen und meine Schlagfertigkeit zu demonstrieren, sondern auf feine Weise die Situation zu benennen mit Sätzen wie: ‚Das war ein ziemlich hartes Wort’ oder ,jetzt fühl ich mich doch etwas angegriffen’ oder ,eigentlich war ich mit meiner Geschichte noch nicht zu Ende’ oder ,darf ich bitte selber wählen und mich dazu äussern?’ oder ‚läufst du jetzt einfach davon?’.
Bei manchen hilft auch mit einem Lachen ironisch zu sagen: ‚Ups, jetzt ist es raus!’ oder ,ja, hau ihm eine runter’ oder ,ja, komm, kämpf für dein Recht!’ oder sowas. Mit etwas Humor und einem freundschaftlichen Schulterklopfen lässt sich die bittere Pille der Zurechtweisung besser schlucken. Wichtig ist, dass du bei dieser Person nicht schon ein Anklagekonto führst, denn sonst ist der Spass nicht angebracht und eine Farce, die echt verletzend ist.