Folgen und gehorchen
- danielabaer
- 24. Nov. 2017
- 1 Min. Lesezeit

Gehorsam ist ein Wort das Schmerz erzeugt. Es beinhaltet mehr als einwilligen, es schwingt Machtausübung, Druck und Zerbrochenheit mit. Ein Wort, das heute niemand mehr in den Mund nehmen mag, nicht mal mehr in der Kindererziehung. Das Wort transportiert den Missbrauch der Geschichte unserer Kultur erneut in unsere verletzte Seele hinein.more
Doch ursprünglich hatte das Wort 'Gehorsam' mit Horchen zu tun. Da war keiner der schrie und stampfte. Da war diese feine Stimme, dieser so leicht zu überhörende Ruf, den man nur vernahm, wenn man in die Stille horchte. Da gab es den Schatz einer vertrauenswürdigen Führung zu entdecken.
Und wir wollten folgen. Das schweizerdeutsche Wort für ‚gehorchen’ heisst ‚folgen’, was bedeutet, sich führen zu lassen. Führen ist nicht zerren oder peitschen. Es gibt Berführer und Höhlenführer – wie schön, dass sich einer auskennt, der uns durch Abenteuer hindurch vor einem Absturz bewahren kann! Und wohin werden die Followers im Net geführt?
Der ‚Führer’ musste beerdigt werden. Er führte direkt in Zerstörung und Tod. Auch dieses Wort ist verdammt und tot. Und heute macht (Macht!) jeder, was er will. Wir sind führungslos geworden, wollen selber Kapitän sein. Die Führer haben versagt. So sind wir empfänglich für Verführungen und verlieren uns.
Die zentralen Wörter zeugen aber von einer Existenz vertrauenswürdiger Führung, die nicht fesselt, manipuliert, droht oder schreit, sondern frei lässt. So frei, dass die Stimme kaum hörbar ist und hartnäckig gesucht werden muss. Diese Wörter und ihr Klang müssen abgewaschen werden vom Missbrauch der Vergangenheit, damit wir die Stimme des Lebens wieder neu finden und ihr folgen können.